academicus der Universität Bern - Gutes tun und auch darüber sprechen
(Bern)(PPS) Am 182. Dies academicus der Universität Bern thematisierte Rektor Christian Leumann die Chancen und Herausforderungen der Universität. Regierungsrat Bernhard Pulver zeigte sich «sehr stolz» über die Leistungen der Universität Bern und sah in der Politik auch einen Grund für diesen Erfolg. Besseren Zugang zur Wissenschaft für marginalisierte Teile der Gesellschaft forderte schliesslich Pia Portmann, Vertreterin der Studierendenschaft. Sieben Persönlichkeiten wurden mit einem Ehrendoktortitel und vierzehn Forschende mit akademischen Preisen geehrt. Die Philanthropin Celia Zwillenberg wurde zur Ehrensenatorin ernannt.
Rektor Christian Leumann thematisierte die Technologisierung, die neben ihren Vorteilen für die Gesellschaft auch zahlreiche Herausforderungen mit sich bringe, etwa die Industrie 4.0, die Digitalisierung, die Gentechnologie oder unseren nicht-nachhaltigen ökonomischen Fussabdruck. Im daraus entstehenden unsicheren Umfeld sei es an den Universitäten, Fakten zu erarbeiten und auch Opportunitäten oder Gefahren der gesellschaftlichen Entwicklung auf ganzheitlicher Ebene zu antizipieren. Komplexe Problemfelder wie Migration oder genetische Veränderungen am Menschen verlangten nach einer interdisziplinären Auseinandersetzung. Dafür sei die Universität Bern als Volluniversität mit neuen interfakultären Forschungskooperationen «dank ihres breiten wissenschaftlichen Profils gut aufgestellt.»
Die Universität Bern zählt zum besten Prozent weltweit
Rankings zur Messung der Leistung von Universitäten bezeichnete Leumann als durchaus nützlich, indem sie im Quervergleich gewisse Trends erkennen lassen, etwa den Vormarsch asiatischer Universitäten. Im internationalen Vergleich zähle die Universität Bern zum besten Prozent weltweit, bezüglich Zitationen und Publikationen habe man sich in den letzten Jahren gar gesteigert. Bei der Reputation hingegen habe sie an Terrain eingebüsst: «Daraus ergibt sich die paradoxe Situation, dass wir zwar erwiesenermassen sehr gute wissenschaftliche Leistungen erbringen, nur sind wir dafür nicht bekannt.» Leumann folgerte: «Tue Gutes, aber rede auch darüber.» Zu den zukünftigen strategischen Zielen gehöre eine Schwerpunktsetzung im Bereich der Medizin und Medizintechnik. Beispiele wie das ARTORG Forschungszentrum, SITEM-Insel oder die Erhöhung der Anzahl Studierender in der Humanmedizin führten dazu, dass die Universität Bern gesamtschweizerisch eine führende Rolle im Bereich der Gesundheitsentwicklung und -forschung übernehmen könne.
Finanzierung und Nachwuchsförderung
Eine Herausforderung bleibe nach wie vor die Universitätsfinanzierung. In Zukunft werde man sich noch mehr über kompetitive Drittmittel der staatlichen Förderungsagenturen (SNF, ERC) finanzieren müssen. Nach wie vor sei aber der Zugang zu europäischen Fördertöpfen unter anderem aufgrund der Masseneinwanderungsinitiative ungewiss. Eine zusätzliche Finanzierungsmöglichkeit sieht Leumann in der Zusammenarbeit mit industriellen Partnern und privaten Gönnern: «Wie, wenn nicht im Austausch mit der Wirtschaft, können Ergebnisse universitärer Grundlagenforschung besser in den wirtschaftlichen Kreislauf einfliessen?» An der Uni Bern seien schon seit längerem Weisungen zur Gewährleistung der Unabhängigkeit von Forschung und Lehre erarbeitet worden.
«Die Erfolge der Uni Bern sind eindrücklich»
Erziehungsdirektor Bernhard Pulver zeigte sich überzeugt, dass der Samichlous, wenn er in Bern Halt machen und Bilanz ziehen würde, erfreuliche Dinge aufzuzählen hätte: «Die Erfolge der Universität Bern sind eindrücklich». Er nannte den planmässigen Absturz der Raumsonde Rosetta als Beispiel, der auch den erfolgreichen Abschluss eines Berner Forschungsprojekts bedeutete und von weltweitem medialen Echo begleitet wurde. Auch bei den Nationalen Forschungsschwerpunkten NFS sei Bern der unangefochtene Spitzenreiter in der Schweiz – sie beherbergt vier NFS und hat bei einem weiteren die CO-Leitung inne. Auch international setzt sich die Universität Bern laut Pulver durch, bei den EU-Forschungsprogrammen leitet sie nun im Rahmen von Horizon 2020 vier grosse Verbundprojekte.
Die wissenschaftlichen Erfolge zahlten sich auch finanziell aus, so gelang die Einwerbung von Drittmitteln von rund 260 Millionen Franken, was beinahe einen Drittel am Gesamtbudget der Universität ausmacht. Die Nachwuchsförderung sei ebenso erfreulich: «Sage und schreibe 13 neue Förderprofessuren des Schweizerischen Nationalfonds – so viele wie noch nie zuvor – gingen in diesem Jahr an junge Forschende der Uni Bern». Auch die hohe Anzahl der Studierenden aus anderen Kantonen oder dem Ausland, die eigens nach Bern kommen, wie auch die überdurchschnittliche Erwerbstätigenquote der Absolventinnen und Absolventen nach dem Studium zeugten von der Qualität der Ausbildung.
Das Geheimnis des Erfolgs
Was ist denn nun das Geheimnis so grosser Erfolge? Pulver verwies auf das Menschenbild, mit dem Institutionen dem einzelnen Menschen begegnen. Er plädierte dafür, im gesamten Bildungsbereich den Menschen auch weiterhin genügend Raum und Handlungsspielraum zu lassen: «Ein positives Menschenbild, Freiräume und Eigenverantwortung sind wichtige Pfeiler für eine erfolgreiche Universität». Und hier sei die Politik gefordert, denn sie schaffe die Rahmenbedingungen. Pulver verwies in diesem Zusammenhang auf den Anspruch des Kantons Bern, als Medizinalstandort weiterhin und noch stärker eine Spitzenposition einzunehmen – «und dabei spielt die Universität eine Schlüsselrolle».
Der Regierungsrat dankte dem Grossen Rat, der sich durch Vorstösse nicht dazu verleiten liess, die Berufsbildung gegen die Hochschuldbildung auszuspielen und dem Bundesparlament, das für die nächsten vier Jahre 400 Millionen mehr für Bildung und Forschung bewilligte, als der Bundesrat beantragt hatte. Pulvers Schlusswort: «In allen ihren Disziplinen leistet die Universität Bern auch einen Beitrag zum Weiterbau am weltweiten Gebäude des wissenschaftlichen Wissens und einen Beitrag zum ‹Abenteuer Mensch›».
Zugang zum Wissen erleichtern
Pia Portmann, die Vertreterin der Studierendenschaft der Universität Bern SUB, thematisierte in ihrer Ansprache das Wissen, wie es produziert wird und wer es produzieren kann. Sie rief in Erinnerung, dass Wissen nicht nur ein kulturelles Kapital sei, sondern auch Macht, und dass dessen Potenzial nicht unterschätzt werden dürfe: «Wir sind diejenigen, die entscheiden können, was untersucht, was erforscht und was gelehrt werden soll. Wir bestimmen, welche Fragen gestellt und welche Blickwinkel eingenommen werden. Welchen Themen Aufmerksamkeit geschenkt wird und schlussendlich auch, in welche Richtung sich die Wissenschaft entwickelt.» Gerade deswegen sei es wichtig, sich der Verantwortung, die die Wissensproduktion mitbringt, bewusst zu sein.
Portmann wies darauf hin, dass viele Menschen nur bedingt Zugang zur Wissenschaft und somit zu der potenziellen Macht und dem Kapital, welche Wissen mit sich bringt, hätten. «Viele Stimmen wurden und werden in Momenten wichtiger Geschichtsschreibung leider immer noch marginalisiert.» Portmann forderte, dass jeder Mensch die Möglichkeit haben sollte, seinen Fähigkeiten entsprechend gefördert zu werden und an der Wissenschaft teilzuhaben. «Wir als StudentInnenschaft fordern deshalb niedrigere Zugangsgebühren, ein besser ausgebautes Stipendienwesen, ein breites Bildungsangebot ohne Wertung der einzelnen Fächer und die Integration aller Menschen ungeachtet ihrer kulturellen und sozioökonomischen Herkunft.»
Ehrungen und Preise
Im Anschluss an die Reden wurde in einem feierlichen Akt sieben Persönlichkeiten die Ehrendoktorwürde verliehen. Vierzehn Forschende erhielten einen akademischen Preis. Die Philanthropin und Biochemikerin Celia Zwillenberg wurde zur Ehrensenatorin ernannt.
Die ausführlichen Laudationes und die Lebensläufe der Geehrten sowie Bilder vom Anlass entnehmen Sie bitte der Website des Dies academicus.
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