Wie Swiss Re in Brasilien illegal abgeholztes Agrarland versichert
(Zürich)(PPS) Der Schweizer Versicherungskonzern hat Verträge mit brasilianischen Farmen abgeschlossen, die zur Entwaldung beitragen oder gegen die wegen bewaffneter Gewalt und Sklavenarbeit ermittelt wird. Das zeigt eine durch den Investigation Award von Public Eye ermöglichte Recherche von Repórter Brazil. Demnach versichert Swiss Re in Brasilien landwirtschaftliche Betriebe, deren Acker- und Weideland etwa der Fläche des grössten Schweizer Kantons Graubünden entsprechen.
Akuter Wassermangel im Amazonas, Rekordtemperaturen in den Metropolen und Überschwemmungen mit Dutzenden von Toten im Süden des Landes: Auch Brasilien leidet zunehmend unter extremen Wetterphänomenen. Diese sind der Hauptgrund für die starke Zunahme staatlich subventionierter Ernte- und Viehzucht-Versicherungen. Zugleich trägt die Agrarindustrie in Brasilien aber am stärksten zur globalen Klimakrise und damit dem Extremwetter bei – wegen ihrer direkten Emissionen, aber auch durch die Entwaldung und die so ermöglichte Ausweitung der Landwirtschaftsflächen. Auf diesem Hintergrund ist skandalös, dass Swiss Re zwischen 2016 und 2022 mindestens 19 Policen für Grossfarmen abgeschlossen hat, denen die Behörden illegale Abholzung nachgewiesen haben. Weil der Anbau von Nutzpflanzen und die Viehhaltung in solchen Sperrgebieten verboten sind, unterstützen solche Versicherungen de facto illegale Aktivitäten.
Zutage gefördert hat dies die journalistische Organisation Repórter Brazil mit öffentlich verfügbaren Daten und Nachforschungen vor Ort. Finanziert wurde die brisante Recherche durch den von Public Eye zum dritten Mal vergebenen Investigation Award. Diesen Daten zufolge belegte Swiss Re, die bei uns nur als Rückversicherung bekannt ist, vergangenes Jahr den vierten Platz bei jenen landwirtschaftlichen Verträgen, die im Rahmen eines staatlichen Subventionsprogramms abgeschlossen wurden. Die dabei versicherte Gesamtfläche umfasst 659’000 Hektar, was etwa dem Kanton Graubünden entspricht. Darunter fällt zum Beispiel die 2400 Hektar grosse Farm Manto Verde, für deren Sojaanbau die brasilianische Tochterfirma des Zürcher Konzerns seit 2016 stolze 17 Versicherungspolicen abgeschlossen hat. Und das, obwohl dieser landwirtschaftliche Grossbetrieb wegen illegaler Abholzung von den Behörden zum Sperrgebiet erklärt wurde.
Repórter Brasil hat zudem diverse Fälle dokumentiert, in denen Swiss Re Versicherungsverträge mit Farmen abgeschlossen hat, die gesetzwidrig indigene Schutzzonen bewirtschaften und dabei zum Teil nicht mal vor Waffengewalt zurückschrecken. Ein solcher Kunde war bei Abschluss von drei Versicherungen sogar Angeklagter in einem Mordfall und gegen einen anderen wird wegen Sklavenarbeit auf seiner Kaffeefarm ermittelt. Konfrontiert mit diesen Fakten meint die in 25 Ländern tätige Swiss Re lediglich, «wir bemühen uns, Nachhaltigkeitsrisiken in unserem gesamten Geschäft zu identifizieren». Laut dem letztjährigen Nachhaltigkeitsbericht will der Konzern seine Treibhausgasemissionen bis 2050 neutralisieren. Gleichzeitig foutiert er sich bei seinen Geschäften in Brasilien, dessen Bruttoemissionen aus der Entwaldung 2021 laut dem Observatório do Clima den Gesamtausstoss eines Landes wie Japan übertrafen, aber um jegliche klimapolitische Verantwortung.
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