Ständerat ist gegen Artenschutz – mit gravierenden Folgen
(Zürich)(PPS) Entgegen der Empfehlungen von Bund, Städten, Gemeinden, dem Nationalrat und den Kantonen tritt der Ständerat nicht auf die Revision des Natur- und Heimatschutzgesetzes (NHG) ein. Ein fataler Fehler, denn das Nichtstun gegen den Biodiversitätsverlust wird uns teuer zu stehen kommen.
- Jede dritte Tier- und Pflanzenart in der Schweiz ist bedroht. Die Schweiz hat eine der längsten Roten Listen. Doch die Kleine Kammer verkennt den akuten Handlungsbedarf.
- Der Verlust verschiedenster sogenannter Ökosystemdienstleistungen, die uns die Natur bisher gratis zur Verfügung stellt, kostet die Schweiz gemäss Bundesrat bis zu 16 Milliarden pro Jahr.
- Biodiversität ist unsere Lebensgrundlage: Wir nutzen täglich Lebensmittel, Trinkwasser, Medizin, Energie, Kleidung oder Baumaterialien. Intakte Ökosysteme sichern die Bestäubung von Pflanzen und die Bodenfruchtbarkeit, schützen uns vor Umweltkatastrophen wie Hochwasser oder Erdrutschen, reinigen Wasser und Luft und speichern das klimaschädliche CO2.
Zitat Dina Spörri, Politikverantwortliche WWF Schweiz:
«Der aktuelle Ständerat demonstriert mit seiner Gesprächsverweigerung, dass er das massive Artensterben, die nächste gigantische Umweltkrise, unterschätzt. Wir alle haben es bei den Parlamentswahlen im Herbst in der Hand, Menschen in den Ständerat zu wählen, die die dringlichsten Umweltprobleme anerkennen und diese wirksam angehen.»
Der Zustand der Biodiversität in der Schweiz ist alarmierend: Mehr als ein Drittel der Arten und rund die Hälfte aller Lebensräume sind gefährdet. 245 Tier- und Pflanzenarten sind in der Schweiz bereits ausgestorben. Für weitere 642 Arten besteht in den nächsten zehn Jahren ein hohes Aussterberisiko. Seit Jahren herrscht Stillstand in Sachen Schutzgebiete - die Schweiz ist diesbezüglich das Schlusslicht Europas. Selbst das Bundesamt für Umwelt bestätigt in seinem neusten Bericht, dass sich die Naturvielfalt in einem «unbefriedigenden Zustand» befinde.
14 – 16 Milliarden pro Jahr
Von dieser Naturvielfalt hängen wesentliche Leistungen für unsere Wirtschaft und Gesellschaft ab: Bestäuber, Nützlinge und fruchtbare Böden für die Lebensmittelproduktion, die Trinkwasservorbereitung sowie der Schutz von Naturgefahren. Sie ist unsere Lebensgrundlage. Laut der Botschaft des Bundesrats würde es uns 14-16 Milliarden pro Jahr, d.h. 2-2.5 Prozent des BIP kosten, um für den Verlust dieser verschiedenen sogenannten Ökosystemdienstleistungen zu kompensieren, wenn wir nichts für deren Erhalt unternehmen. Trotz dieser Fakten und dem daraus abgeleiteten, dringenden Handlungsbedarf tritt der Ständerat nicht auf den indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative ein.
Kantone finden kein Gehör
Mit dem Nichteintretens-Entscheid betreibt der Ständerat Gesprächsverweigerung und wendet sich explizit gegen die Interessen der Kantone. Diese hatten sich vor der Debatte in einem Brief an die vorbereitende Kommission gewendet und diese gebeten, auf den Gegenvorschlag einzutreten: Die Kantone haben in der Anhörung konkrete Vorschläge gemacht, wie die Vorlage ausgestaltet werden könnte, damit diese aus Sicht der Kantone sinnvoll und mit den verschiedenen Nutzungsinteressen vereinbar wäre. Dieser Vorschlag wurde von der Kommission ignoriert.
Nichteintreten ist das politische Instrument für jene Fälle, bei denen es keinen Handlungsbedarf gibt. Dieser könnte aber offensichtlicher kaum sein. Diese Entscheidung ist daher unverständlich und eine Ohrfeige für die Bevölkerung, die Kantone und die zukünftige Bundeskasse. Denn die Kosten des Nichtstuns steigen.
Bei den Parlamentswahlen im Herbst hat es die Schweizer Bevölkerung es in der Hand, einen umweltfreundlicheren Ständerat zu wählen.
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Jonas Schmid, Kommunikationsberater beim WWF Schweiz
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