Die Gemeinden sind die stärkste Fraktion in Bundesbern
(Bern)(PPS) 119 der 200 am Sonntag gewählten Nationalrätinnen und Nationalräte waren oder sind in einer Gemeinde politisch tätig. Der Schweizerische Gemeindeverband SGV ist hocherfreut, dass rund 60 Prozent der Abgeordneten in der grossen Kammer einen kommunalen Hintergrund mit ins Bundeshaus bringen.
Von insgesamt 119 Nationalrätinnen und Nationalräten mit kommunalem Hintergrund sind aktuell 34 auch auf Gemeindestufe aktiv — eine Zahl, die nach den zweiten Wahlgängen für den Ständerat nochmals steigen wird. Die Zahl liegt damit merklich höher als während der abgelaufenen Legislaturperiode, als sich 25 Nationalrätinnen und Nationalräte gleichzeitig in einer Gemeindeexekutive oder -legislative engagiert hatten. Elf Gemeinden können zudem ihre Präsidentin oder ihren Präsidenten in den Nationalratssaal schicken, es sind dies Comano T I, Cortébert BE, EschoIzmatt-Marbach LIJ, Herbetswil SO, Otelfingen ZH, Rüti ZH, Stettien BE, Tresa TI, Trimms GR, Tübach SG und Wädenswil ZH
Aufgeteilt nach Kantonen, stellen wenig überraschend die bevölkerungsreichsten Kantone die Nationalratsdelegationen mit der grössten Kommunalerfahrung: Zürich bringt es auf 21 die Waadt auf 18 und Bern auf 16 ehemalige oder aktive Gemeindepolitikerinnen und politiker. Als Königsweg nach Bundesbern gilt die kommunale Erfahrung offensichtlich auch im Tessin: Fünf der acht Nationalratsmitglieder engagieren sich im Süden der Schweiz als Gemeinderäte, zwei weitere hatten früher ein Milizamt auf Gemeindestufe inne.
Ganz allgemein fällt auf, dass der Weg ins Bundeshaus vor allem in der lateinischen Schweiz vornehmlich über die Gemeinden führt: Rund 80 Prozent aller Westschweizer und Tessiner Parlamentarierinnen und Parlamentarier bekleideten oder bekleiden ein Amt auf kommunaler Ebene. Aber auch in der Deutschschweiz stellen die Nationalrätinnen und Nationalräte, die über Kommunalerfahrung verfügen, mit 52 Prozent die Mehrheit.
Die politische «Ochsentour» stärkt den Föderalismus
SGV-Präsident und wiedergewählter Ständerat Hannes Germann, früher selbst Gemeindepräsident von Opfertshofen SH, sagt: «Uber diese starke Vertretung von Gemeindepolitikerinnen und -politikern freue ich mich sehr. Ich bin überzeugt, dass diese in Bundesbern erfolgreich für die Anliegen der kommunalen Ebene einstehen und gegenüber den Anliegen der Gemeindeebene sensibel agieren werden.»
Aufgeschlüsselt nach Parteien, ergibt sich folgendes Bild: Die SVP stellt im neu zusammengesetzten Nationalrat 15 Mitglieder mit Erfahrung auf Gemeindestufe, die Mitte acht, die SP fünf, die FDP 3, die GLP zwei und die Lega eines.
Politikwissenschaftler Prof. Adrian Vatter von der Universität Bern sagt dazu: «Die Parteien, die in ländlichen Regionen stark sind, wie die SVP oder die Mitte, stellen auch mehr Gemeindepolitikerinnen und Gemeindepolitiker im neuen Parlament, während urbanere Parteien wie SP oder GLP weniger stark vertreten sind.» Zu den vielen Politisierenden mit Gemeindehintergrund aus der lateinischen Schweiz sagt Adrian Vatter, dass in der Romandie Gemeindeparlamente viel verbreiteter seien als in der Deutschschweiz. «Das führt automatisch dazu, dass mehr Personen politische Erfahrungen auf lokaler Ebene sammeln.» Zudem habe er den Eindruck, dass es in der Westschweiz weniger politische Quereinsteiger gebe als in den urbanen Zentren der Deutschschweiz.
Dennoch: Vatter schätzt, dass die politische «Ochsentour» durch die verschiedenen Staatsebenen nach wie vor sehr wichtig ist. Denn wer in einer Gemeinde politisch tätig war oder ist, kann die Tauglichkeit eines Bundesgesetzes für den Vollzug auf Gemeindeebene besser einschätzen. «Gemeindepolitiker und -politikerinnen im nationalen Parlament sind eine zentrale Stimme für die Gemeinden auf Bundesebene und stärken den Schweizer Föderalismus.»
Der Schweizerische Gemeindeverband SGV ist seit 1953 die offizielle Stimme der Schweizer Gemeinden auf Bundesebene und deren politischer Interessenvertreter. Kern unserer politischen Arbeit ist es, die Rahmenbedingungen der Gemeinden nachhaltig zu verbessern und deren Rolle als dritte föderale Ebene zu stärken. Mit Projekten und unserer Verbandszeitschrift «Schweizer Gemeinde» schaffen wir für die Schweizer Gemeinden zusätzlichen Mehrwert.
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