Schweiz - Kolumbien: NGOs auf Mission fordern Überprüfung der Investitionsschutzabkommen
(Bern)(PPS) Alliance Sud ist Teil einer Delegation von 17 NGO-Vertreter:innen aus acht lateinamerikanischen und europäischen Ländern, die ab heute und bis zum 1. Juni in Kolumbien weilt. Diese fordert die Regierung in Bogotá auf, Investitionsschutzabkommen, darunter auch das mit der Schweiz, zu kündigen und insbesondere den umstrittenen Mechanismus der Schiedsgerichtsbarkeit (ISDS) aufzugeben.
Dieser Auftrag beruht auf einer Erklärung, die von mehr als 280 Organisationen aus 30 Ländern unterzeichnet wurde und vor allem auch die Schweiz im Visier hat. Denn von den 21 Klagen, die ausländische Investoren gegen Kolumbien eingereicht haben, stammen drei vom Schweizer Rohstoffkonzern Glencore, dem alleinigen Eigentümer der Kohlemine El Cerrejón, dem grössten Tagebau Lateinamerikas und einer der grössten der Welt. Die jüngste Klage folgt auf die Entscheidung des kolumbianischen Verfassungsgerichts, die Umleitung des Flusses Arrojo Bruno zu blockieren, da diese katastrophale Gesundheits- und Umweltauswirkungen auf die lokalen Gemeinschaften hat. Die Höhe der von Glencore geforderten Entschädigung ist nicht bekannt, was die Undurchsichtigkeit dieses im Völkerrecht einzigartigen Mechanismus zeigt: ISDS ermöglicht es nämlich einem ausländischen Investor, auf der Grundlage des bilateralen Investitionsschutzabkommens vor einem Schiedsgericht gegen den Gaststaat zu klagen. Umgekehrt gilt dies jedoch nicht.
Die 21 bislang bekannten Schadenersatzklagen belaufen sich laut Zahlen der staatlichen Rechtsschutzagentur und einem kürzlich veröffentlichten Bericht von Transnational Institute (TNI) in Zusammenarbeit mit Cajar, einem kolumbianischen Anwaltskollektiv, auf insgesamt gut 2,5 Milliarden USD. Die Anträge stammen von transnationalen Unternehmen aus fünf Ländern: den USA, Kanada, dem Vereinigten Königreich, der Schweiz und Spanien. Fast die Hälfte davon sind Rohstoffunternehmen, die diesen Mechanismus häufig nutzen, um Druck auf Regierungen auszuüben. Dies, um politische Entscheide, Gesetze und Gerichtsurteile anzufechten. Diese wären aber notwendig, damit die Länder die Klimakrise bewältigen, aus dem Extraktivismus aussteigen und sich in Richtung Energiewende und Umweltgerechtigkeit bewegen können.
Globaler Süden beginnt, Abkommen zu kündigen
Alliance Sud prangert seit Jahren diese Investitionsschutzabkommen (ISA) an, die fast ausschliesslich ausländischen multinationalen Konzernen Rechte und den Gaststaaten Pflichten übertragen. Bis heute hat die Schweiz rund 130 ISAs im Globalen Süden abgeschlossen. Mehrere Länder haben begonnen, diese Abkommen zu kündigen, darunter Ecuador, Bolivien, Indien, Indonesien und Südafrika jene mit der Schweiz.
Zu einem Zeitpunkt, da die ausländischen Investitionen in der Schweiz zunehmen und Klagen drohen – der Staatsfonds von Katar erwägt, die Schweiz wegen der Zwangsfusion zwischen der Credit Suisse und der UBS zu verklagen, weil er dadurch 330 Millionen USD verloren haben soll –, wäre die Schweiz gut beraten, diese Abkommen zu kündigen und das umstrittene ISDS aufzugeben. Allenfalls könnten ausgewogenere Abkommen ausgehandelt werden, die es den Gaststaaten erlauben, im öffentlichen Interesse zu regulieren.
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