Pferde- und Hundehaltung – auch ein Fall für die Gerichte?
- Gesetze und Verordnungen
- Verbotene Handlungen im Allgemeinen
- Verbotene Handlungen bei Pferden und Hunden
- Ein Fall aus der Gerichtspraxis
(Winterthur)(PPS) Wie diverse Medien anfangs März berichten, hat ein Unbekannter auf einem Bauernhof im Kanton Aargau in einem Stall ein Kalb missbraucht. Dieses musste tierärztlich behandelt werden. Ein Bericht in der NZZ am Sonntag vom vergangenen Wochenende zeigt auf, dass in den letzten Jahren immer mehr Verfehlungen bei Tierschutz- organisationen gemeldet wurden. Die Öffentlichkeit ist sensibilisiert. Härtere Strafen zu fordern ist nur eine Möglichkeit damit umzugehen. Langfristig braucht es Personen, die ihr Know-how vom Umgang mit Tieren mit vertieftem Wissen im Tierrecht verbinden. Kompetenz und Bewusstsein schaffen ist der erste Schritt. In unserem Lehrgang zum Coach Tier und Recht AfA bieten wir eine Weiterbildung für Hunde- und Pferdetrainer und Vereinsvorstandsmitglieder an.
Gemäss Tierschutzgesetz stellen sexuell motivierte Handlungen bei allen Tierarten eine von vielen verbotenen Handlungen dar. Unter dem Abschnitt Tierhaltung und Umgang mit Tieren werden in der Tierschutzverordnung die sogenannten verbotenen Handlungen geregelt.
Im Jahre 2015 gab es 412 vorsätzliche Widerhandlungen im Sinne einer Tierquälerei und 996 vorsätzliche übrige Widerhandlungen. Eine klare Zuordnung, wie viele Verurteilungen verbotene Handlungen betreffen, ist anhand offizieller Statistiken nicht möglich.
Gesetze und Verordnungen
Das Tierschutzgesetz (TschG) regelt auf eidgenössischer Ebene Grundsätzliches zur Würde und zum Wohlergehen der Tiere. Der Bundesrat hat, gestützt auf dieses Gesetz, die Tierschutzverordnung (TschV) erlassen. Bei vorsätzlicher Tierquälerei kann eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe ausgesprochen werden. Eine vorsätzliche übrige Widerhandlung kann mit einer Busse von bis zu 20'000 Franken bestraft werden. Die Grenzen zwischen übriger Widerhandlung und Tierquälerei sind fliessend.
Verbotene Handlungen im Allgemeinen
Verbotene Handlungen bei allen Tierarten sind in der Tierschutzverordnung in Art 16 TschV aufgelistet. Danach ist beispielsweise das Misshandeln, Vernachlässigen oder unnötige Überanstrengen von Tieren verboten. Das Töten von Tieren auf qualvolle Art, das Aussetzen, die Veranstaltung von Kämpfen mit Tieren, sexuell motivierte Handlungen mit Tieren bis hin zum Paketversand von Tieren – um ein paar davon zu nennen – sind ausdrücklich verboten.
Verbotene Handlungen bei Pferden und Hunden
Bei Pferden gehören u.a.
- das Coupieren der Schwanzrübe
- das Erzeugen einer unnatürlichen Hufstellung
- das Antreiben/Bestrafen mit elektrisierenden Geräten (z.B. stromführende Sporen)
- der sportliche Einsatz von Pferden mit durchtrennten oder unempfindlich gemachten Beinnerven, mit überempfindlich gemachter Haut an den Gliedmassen, oder mit an den Gliedmassen angebrachten schmerzverursachenden Hilfsmitteln
- das Anbinden der Zunge, das Barren und die Rollkur
zu den verbotenen Handlungen und sind damit ausdrücklich untersagt.
Bei Hunden gehören z.B.
- das Coupieren der Rute/Ohren sowie operative Eingriffe zur Erzeugung von Kippohren / die Einfuhr von Hunden mit coupierten Ohren oder Ruten
- die Ein- und Durchfuhr von Welpen, die weniger als 56 Tage alt sind, ohne Begleitung durch ihre Mutter oder eine Amme;
- das Zerstören der Stimmorgane
- das Anpreisen, Verkaufen, Verschenken oder Ausstellen von Hunden mit coupierten Ohren oder Ruten, sofern diese den Eingriff unter Verletzung der schweizerischen Tierschutzbestimmungen erlitten haben
zu den verbotenen Handlungen und sind damit ebenfalls ausdrücklich verboten.
Ein Fall zur Hundehaltung aus der Gerichtspraxis
Herr A. ist Eigentümer zweier aus Deutschland stammender, an der Rute coupierter Jagdhunde. Die Bestätigung für eine legale Einfuhr der coupierten Hunde in die Schweiz fehlte. Streitig war, ob die tierschutzrechtlichen Voraussetzungen für die Einfuhr der Hunde erfüllt waren. A. machte geltend, dass die Ruten der Hunde aus medizinischen Gründen hätten coupiert werden müssen. Das Gericht entschied, dass der Beschwerdeführer dies weder nachweisen noch glaubhaft machen konnte. Auch waren die Voraussetzungen, die Hunde als Übersiedlungsgut in die Schweiz einzuführen, nicht erfüllt. Die Beschwerde beim Verwaltungsgericht wurde abgewiesen und die Kosten des Verfahrens von CHF 3‘000 Herrn A. auferlegt.
Die Organisation Active for Animals (www.active-for-animals.ch) informiert Tierhalter, Tiervereine und Tierfreunde praxisnah über Rechte und Pflichten im Umgang mit Tieren. Wir bieten zum Tierrecht anerkannte Seminare und einen Lehrgang an. Active for Animals unterstützt den Verein Sternschnuppe für Mensch und Tier (sternschnuppe-mensch-und-tier.ch). Dieser setzt sich aktiv für die Verbesserung der Lebensumstände von benachteiligten und verletzten Tieren ein.
Tatjana Bont
Rechtsanwältin
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