Jemen: Cholera-Ausbruch bestätigt, Masern auf dem Vormarsch
Zürich, 2. November 2016 (PPS) Die Kinderrechtsorganisation Save the Children bestätigt neue Cholera-Fälle im Jemen. Kinder im Jemen sind einer dreifachen Bedrohung ausgesetzt: Cholera, Masern und Mangelernährung. Medikamente sind derart knapp und teuer, dass Eltern gezwungen sind, zwischen ihren Kindern zu entscheiden.
7,6 Millionen Menschen sind durch den aktuellen Cholera-Ausbruch im Jemen gefährdet – darunter 3,8 Millionen Kinder. Die Nachricht fällt in eine Woche intensiver Kämpfe im Jemen, nachdem eine 72-stündige Waffenruhe letzte Woche tatenlos verstrichen ist und nicht zu einem Friedensabkommen führte.
1,5 Millionen Kinder sind nach 19 Monaten der Gewalt im Jemen akut mangelernährt. Die Immunsysteme dieser Kinder sind durch die Mangelernährung geschwächt und für Infektionskrankheiten besonders anfällig.
Im al-Sabeen Kinderkrankenhaus in der jemenitischen Hauptstadt Sana’a werden unter anderem Yasmine, sieben, sowie ihre Schwestern und ihre drei Brüder (Drillinge) gegen Cholera behandelt.
Yasmines Vater Bashir (38) erzählt: «Ihre Grossmutter zeigte Symptome und drei Tage später waren unsere sechs Kinder krank. Sie hatten starken Durchfall. Yasmine fiel ins Koma, ich hatte solche Angst.»
Weil das al-Sabeen Krankenhaus, wie alle medizinischen Einrichtungen im Jemen, selber kaum mehr Zugang zu Medikamenten hat, müssen Patienten diese ausserhalb des Krankenhauses selber besorgen. Die Medikamente sind, wenn überhaupt auffindbar, stark überteuert.
Bashir fährt fort: «Mein Cousin lieh mir Geld für die Medikamente. Ich fuhr die ganze Nacht durch die Stadt. Schliesslich fand ich eine einzige Flasche Kalium – doch wir bräuchten eigentlich zwei. Ich gab meiner Tochter Yasmine die Medizin, weil ihr Zustand sehr ernst war.»
Dr. Najat, der für Yasmines Behandlung zuständig ist, sagt: «Yasmine leidet an Nierenversagen, eine Folge der starken Dehydrierung durch ihre Cholera-Infektion. Sie braucht unbedingt intensive Pflege. Uns fehlt es an allem: Medikamenten, Ärzten, Löhnen für die Angestellten.»
Zwei Drittel aller Menschen im Jemen haben keinen Zugang zu sauberem Wasser und sanitärer Versorgung, besonders in den Städten. Eine Cholera-Epidemie wird damit noch wahrscheinlicher.
Save the Children Mitarbeitende haben ausserdem mindestens fünf neue Masern-Fälle registriert. Dr. Najat sagt: «Uns wurden fünf Masern-Fälle aus Sa’dah überwiesen. Masern sind hoch ansteckend, die Krankheit könnte sich in Sana’a ausbreiten.»
Edward Santiago, Länderdirektor von Save the Children im Jemen, sagt: «Die de fakto Blockade Jemens führt zu einem extremen Mangel an Nahrung, Medikamenten und medizinischem Zubehör. 600 Gesundheitseinrichtungen mussten aufgrund des Konflikts geschlossen werden. Viele weitere wurden schwer beschädigt.»
Save the Children fordert eine sofortige und anhaltende Waffenruhe im Jemen sowie die grossangelegte Lieferung von Nahrung, Benzin und Medikamenten ins Land.
Save the Children bereitet derzeit ein Cholera-Präventionsprogramm vor, das bald anlaufen und während mindestens drei Monaten andauern wird.
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