Energiepionier Leibundgut tritt ab
Der Energiepionier Hansjürg Leibundgut tritt ab, seine Visionen und Teile seines geistigen und realen Erbes trägt das BS2-Team weiter
(Schlieren)(PPS) Der Energiepionier Hansjürg Leibundgut zieht sich fünf Jahre nach seiner Emeritierung von der ETH Zürich nun ganz ins Privatleben zurück. Seine visionären Ideen für eine lokale, CO2-freie Gebäudeenergieversorgung sind längst im Markt angekommen. Dafür, dass sie sich weiterentwickeln, sorgen seine ehemaligen Studierenden und Doktoranden, die Leibundguts Visionen in Gebäudetechnikunternehmen, Architektur- und Ingenieurbüros und von dort in den Schweizer Gebäudepark tragen.
An der gestrigen Generalversammlung der von ihm gemeinsam mit dem Bau- und Immobilienunternehmer Balz Halter im Jahr 2004 gegründeten BS2 AG verabschiedete sich Hansjürg Leibundgut von seinen Verwaltungsratskollegen und den BS2-Aktionären. Sein unermüdlicher Einsatz für eine Zukunft ohne fossile Brennstoffe wurde von langjährigen Weggefährten gewürdigt. «Hansjürg Leibundguts unbändiger Drang, die Bauindustrie und den Gebäudepark im Interesse der Gesellschaft und Umwelt zu innovieren sowie seine unbestechliche Art zu denken und zu agieren, ist nicht immer auf Freude und Zustimmung gestossen. Dass er aber in sehr vielem richtig lag und unsere Industrie nachhaltig beeinflusst und weitergebracht hat, steht heute ausser Zweifel.», hob Balz Halter in seiner Laudatio hervor.
Auch Adrian Altenburger, Instituts- und Studiengangleiter Technik & Architektur an der Hochschule Luzern und SIA-Vizepräsident hat die Jahre der Zusammenarbeit in bester Erinnerung: «Es gab in meiner beruflichen Laufbahn nur wenige Menschen, die mich sowohl fachlich als auch persönlich begeistert haben. Hansjürg Leibundgut war so einer. Mit seiner argumentativ starken und herausfordernden Art hat er mich in unserer gemeinsamen Zeit bei Amstein + Walthert zwar oft aus der Komfortzone geholt, aber nicht nur in der Sache, sondern auch für mich immer einen Mehrwert generiert.“
Vom «Mephisto der Energie» zum anerkannten Pionier
Leibundgut hat sich auch politisch engagiert und dabei so manches Mal provoziert, um Aufmerksamkeit für sein Anliegen zu schaffen. Kaum verwunderlich, dass er dabei aneckte. So wurde er beispielsweise öffentlich als Phantast, Visionär, Utopist, Besessener, Getriebener, gar als Mephisto der Energie bezeichnet. Im Dokumentationsfilm «Energiepioniere» des Schweizer Regisseurs Samuel Stefan meint Leibundgut, all diese Bezeichnungen würden durchaus stimmen und ergänzt: «Eine Utopie ist an sich nichts Schlechtes. Es ist ein Bild, das man zeichnet, das dem Paradies entspricht.» In diesem Film stellt mit Bertrand Piccard ein anderer Visionär folgende Frage in den Raum: «Sind diejenigen verrückt, die nichts ändern wollen oder sind es die Pioniere, die alles ändern wollen? Die Zukunft wird zeigen, wer verrückt war. Das Problem ist, dass es dann vielleicht schon zu spät sein wird.»
Von der ETH in den Markt
Damit es eben nicht zu spät sein wird und Leibundguts zahlreiche Erfindungen zu einem emissionsfreien Heizungssystem zusammengeführt werden konnten, haben innovative Unternehmen aus der Gebäudetechnikbranche und Bauwirtschaft die Allianz 2SOL im Herbst 2013 mit grossem Medienecho lanciert. Gemeinsam und auf Leibundguts Ansätzen basierend haben sie technische Komponenten unterschiedlicher Hersteller und involvierte Gewerke aufeinander abgestimmt und so ein marktfähiges Systemprinzip geschaffen. Der Verein Allianz 2SOL setzt sich für einen emissionsfreien Gebäudepark ein und unterstützt Bauherrschaften und Fachleute als Anlaufstelle und Kompetenzzentrum. Die Allianz 2SOL bietet keine kommerziellen Dienstleistungen und Produkte an. Im Gegensatz zur BS2 AG, die Gründungsmitglied der Allianz 2SOL ist und neben den technischen Komponenten für ein emissionsfreies Gebäudeenergiesystem auch alle für dessen Planung und Realisierung benötigten Dienstleistungen anbietet. Dieses Gesamtpaket nennt sich BS2 Zeleganz und erhielt 2017 eine Anerkennung von der Jury von SIA Umsicht.
«Das System Zeleganz setzt konsequent auf eine Energieversorgung ohne fossile Energieträger und ermöglicht gleichzeitig wieder eine grössere architektonische Freiheit im Bereich der Gebäudehülle – sowohl für Neu- wie für Bestandsbauten. Wie aus dem innovativen systemischen Ansatz eine konkurrenzfähige Produktpalette entwickelt wurde, die zugleich ökonomische Synergien erlaubt, ist ermutigend und exemplarisch für einen gelungenen Technologietransfer im Cleantech-Bereich.» lautet das Fazit der Jury.
Marc Bätschmann, seit 2014 CEO der BS2 AG, sagt über seinen ehemaligen Professor: «Die Zusammenarbeit mit Hansjürg Leibundgut war immer spannend – ob an seiner Professur an der ETH oder mit ihm zusammen in der BS2. Die Ideen und neuen Lösungsansätze für jegliche technische Herausforderungen sprudelten nur so aus ihm heraus. Ich bewundere nach wie vor, wie konsequent und zielorientiert er seine Ideen weiterverfolgt hat und sich auch von grossen Widerständen nicht von seinem Weg hat abbringen lassen. Dieser «Spirit» lebt in der BS2 weiter. Das spüren wir täglich. Für uns als Vertreter der jüngeren Generation ist das grosse Vertrauen einmalig, das er in junge Personen gesteckt und diese mit seiner Unterstützung stets gefördert hat. Mit Stolz verfolgen wir seine Vision von einem emissionsfreien Gebäudepark weiter.»
Leibundgut ging es immer um die Sache, um die Logik, um präzises Denken und um die physikalischen Realitäten
Für ihn stand nie sein persönliches Prestige im Vordergrund, sondern die Wirkung seines Tuns. Er wollte etwas bewegen im Interesse der Gesellschaft und der Umwelt. Dieser Drang und sein unbestechliches Denken und Agieren hat ihm nicht nur Freunde gebracht. Aber weil es ihm um die Sache und die Wirkung ging, hat er das in Kauf genommen. Dadurch hat er nicht nur viel bewegt, sondern das Denken in vielen Köpfen geändert.
Der Energiepionier übergibt die Fackel
Die Verwaltungsräte und Aktionäre sowie die Mitarbeitenden der BS2 AG bedauern Leibundguts Ausscheiden aus dem VR der BS2 AG sehr, können seinen Entscheid aber gut nachvollziehen. Er hat auch mehr als genug geleistet für dieses Unternehmen, als dass er nicht guten Gewissens Aufgabe und Verantwortung an jüngere Kräfte übergeben könnte. Wir danken ihm für die Wegstrecke, die wir gemeinsam mit ihm gehen durften und wünschen ihm von Herzen alles Gute.
Der Verwaltungsrat, die Aktionäre und Mitarbeitenden der BS2 AG
BS2 AG
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