Aushöhlung der Sozialhilfe

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(Bern)(PPS) Caritas Bern kritisiert die Absicht der bernischen Kantonsregierung, den Grundbedarf beim Eintritt in die Sozialhilfe zu kürzen. Ein solcher Schritt würde die Situation der Sozialhilfebeziehenden im Kanton Bern massiv verschlechtern. Ausserdem würde dadurch die angestrebte Harmonisierung im Sozialhilfewesen gefährdet.

Die vorgeschlagene Kürzung des Grundbedarfs beim Eintritt in die Sozialhilfe bedeutet einen sozialpolitischen Dammbruch: Kein anderer Kanton kennt eine reduzierte Leistungshöhe beim Eintritt in die Sozialhilfe. Dies aus gutem Grund: Wie der Begriff ausdrückt, handelt es sich beim Grundbedarf um eine Bedarfsleistung. Dieser wird von der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) wissenschaftlich abgestützt und mit den Kantonen und Gemeinden festgelegt. Aktuell beträgt der Grundbedarf 986 Franken pro Monat für einen Ein-Personen-Haushalt. Die SKOS-Empfehlung wird im Kanton Bern bereits jetzt unterschritten: Hier liegt der Grundbedarf für eine Einzelperson bei 977 Franken im Monat.

Mit Ausnahme der Wohn- und Gesundheitskosten müssen Sozialhilfebeziehende von diesem Betrag ihren gesamten Lebensunterhalt finanzieren: Nahrung, Kleidung und Schuhe, Energieverbrauch, Haushaltsführung und vieles mehr, was zur täglichen Existenzsicherung gehört. Die Rechnung ist schnell gemacht: In einem der teuersten Länder der Welt reicht dies in der Regel knapp zur Deckung der lebensnotwendigsten Güter. Mit seiner Revisionsvorlage will der Kanton Bern den aktuellen Grundbedarf beim Eintritt in die Sozialhilfe nun um 15 Prozent oder fast 150 Franken pro Monat senken. Die finanzielle Situation der Sozialhilfebeziehenden im Kanton Bern würde sich dadurch drastisch verschärfen. 

Fehlende sachliche Argumente

Der Kanton Bern suggeriert mit seiner Revisionsvorlage, so würden sich Sozialhilfebeziehende einfacher in den Arbeitsmarkt zurückbringen lassen. Dabei wird ausgeblendet, dass vielen Sozialhilfebeziehenden die persönlichen und beruflichen Voraussetzungen fehlen, um ihr Leben eigenständig zu erwirtschaften. Hinzu kommen strukturelle Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt: Dieser bietet schlicht zu wenig Stellen für Niedrigqualifizierte. Auch bei einem tieferen Grundbedarf werden viele Sozialhilfebeziehende trotz aller Bemühungen keine Stelle finden.

Für eine Kürzung des Grundbedarfs fehlen also sachliche Argumente. Diese führt allenfalls zu einem kurzfristigen Spareffekt, langfristig untergräbt ein solches Vorgehen das System der sozialen Sicherheit und führt zu höheren Kosten in der Sozialhilfe.

Der Vorschlag der bernischen Kantonsregierung erfolgt nur einen Monat, nachdem die revidierten SKOS-Richtlinien ins kantonale Recht übernommen worden sind. Diese beinhalten bereits verstärkte Sanktionsmöglichkeiten und eine Reduktion des Grundbedarfs bei Haushalten ab sechs Personen und bei jungen Erwachsenen bis 25 Jahren mit eigenem Haushalt. Mit der Revision ihrer Richtlinien stärkte die SKOS deren Akzeptanz und trug zu einer weitergehenden Harmonisierung in der schweizerischen Sozialhilfe bei. Mit seinem Alleingang gefährdet der Kanton Bern nun diese angestrebte Harmonisierung. Der Druck auf die anderen Kantone dürfte steigen, ihre Sozialhilfeleistungen ebenfalls zu kürzen. Ein unrühmlicher Wettbewerb zwischen den Kantonen zuungunsten der Sozialhilfebeziehenden wäre die Folge.

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