Amazonas: Quecksilberverseuchung durch Goldabbau grösser als bisher angenommen
(Zürich)(PPS) Eine neue georeferenzierte Plattform, die von WWF, Oswaldo Cruz Foundation, Amazonian Scientific Innovation und weiteren Institutionen ins Leben gerufen wurde zeigt: Die Quecksilberverschmutzung durch den Goldabbau im Amazonas ist weit grösser, als gedacht. Die Plattform fasst Studien und andere Daten über die Verschmutzung durch Quecksilber im Amazonasgebiet zusammen. Mit der Plattform will der WWF auf die drängenden Probleme von Quecksilber auf die Umwelt und die lokale Bevölkerung aufmerksam machen.
- Quecksilber wird im Bergbau verwendet, um Gold von anderen Sedimenten zu trennen. Insbesondere durch den illegalen Bergbau gerät die Quecksilberverschmutzung ausser Kontrolle: Allein im Amazonasgebiet gibt es nach Angaben der neuen georeferenzierten Plattform mindestens 2’500 illegale Goldminen, die die Gewässer im Amazonas jährlich mit rund 30 Tonnen Quecksilber verseuchen. Die als sicher geltenden Grenzwerte werden dadurch durchschnittlich um das 34-fache übertroffen.
- Die Verschmutzung durch Quecksilber ist fortgeschritten und stärker als vermutet. Sie bertifft nicht nur den Amazonas, sondern breitet sich auch über die Flüsse Rio Cuiabá und Rio Paraguay in der nördlichen Region des Pantanals aus.
- Eine Studie der Universidade Federal Fluminense weist im Bezirk Cachoeirinha in Manaus (Hauptstadt des Bundesstaates Amazonas) auf eine durchschnittliche Kontaminationsrate in der Bevölkerung hin, die doppelt so hoch ist wie der Wert, der von internationalen Gesundheitsbehörden als sicher eingestuft wird.
Pro Kilogramm produziertes Gold braucht es 1,3 Kilogramm Quecksilber. Brasilien deklariert pro Jahr etwa 100 Tonnen produziertes Gold. Laut dem Nationalen Inventar der Quecksilberemissionen und -freisetzungen, das 2018 vom Ministerium für Technologie, Wissenschaft, Innovationen und Kommunikation veröffentlicht wurde, ist die illegale Produktion von Gold aber achtmal höher als die offizielle.
Quecksilber in Fischen und Menschen
Der legale und illegale Abbau von Gold hat schwerwiegende Folgen für die Umwelt und die Menschen vor Ort: Das Gift gelangt in Flüsse und bis zu den Menschen, weil sie Fische und belastete landwirtschaftliche Lebensmittel konsumieren. 70 Prozent des im Bergbau verwendeten Quecksilbers gelangt in die Atmosphäre, 30 Prozent in den Boden, das Wasser und die meist übrigbleibenden Abraumhalden. Die Quecksilberkonzentration in Fischen ist in der Regel in Flüssen höher, die näher an den Bergbauregionen liegen, kann aber auch in teils grossem Umfang in weit entfernten Orten Brasiliens wie Manaus, Cametá, Belém oder Tucuruí gefunden werden, wie die Plattform zeigt.
Durch regelmässige, wenn auch geringe Aufnahme von Quecksilber durch Fisch, häuft sich das Gift im menschlichen Körper über die Jahre an. So zeigt eine Studie über die Auswirkungen von Quecksilber auf Schutzgebiete und Waldbewohner im östlichen Amazonasgebiet hohe Konzentrationen von Quecksilber bei vier von zehn Kindern unter fünf Jahren. Quecksilber wirkt sich im menschlichen Körper direkt auf das zentrale Nervensystem aus und kann u.a. Erblindung, Hirnfunktionsstörungen, Beeinträchtigung der Lungenfunktion und Missbildungen bei ungeborenen Kindern verursachen. Eine hohe Quecksilberkonzentration bei Kindern unter fünf Jahren ist besonders besorgniserregend, da sich Gehirn und Körper noch in der Entwicklung befinden.
Giftiges Geschäft
Der Amazonas und auch die Städte Manaus, Belém oder Tucuruí liegen zwar weit weg von der Schweiz, doch der Schweiz kommt eine wichtige Rolle in diesem giftigen Geschäft zu: Rund 60 bis 70 Prozent des weltweit geförderten Goldes findet seinen Weg jedes Jahr zu Raffinerien in der Schweiz (~2’400t im Jahr 2017). Als eine der grossen Abnehmerinnen von Gold hat unser Land in ökologischer und sozialer Hinsicht eine besondere Verantwortung. Bisher gibt es keine Gesetze, die eine Einfuhr von Gold, das mit Quecksilber abgebaut wurde, verbieten. Auch illegal abgebautes Gold kann noch einfach in die Schweiz gelangen. Deshalb braucht es neben besseren Regulatorien auch das Engagement von Raffinerien und Unternehmen, die Gold beziehen - wie zum Beispiel Banken, Schmuck- und Uhrenunternehmen und Technologieunternehmen.
Hintergrund:
Die Plattform «Mercury Observatory – Mapping gold mining impacts in the Amazon» finden Sie hier:
https://panda.maps.arcgis.com/apps/Cascade/index.html?appid=da3337387cac...
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