Seilziehen um Slots zwischen BAZL und Flughafen Zürich
Region Ost verlangt Durchsetzung der Nachtruhe
(Winterthur)(PPS) Das Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL) hat vom Flughafen Zürich einen Bericht zur Vorverlegung der Starts zwischen 22.30 und 22.45 Uhr verlangt und nun öffentlich aufgelegt, zusammen mit Ergänzungen zum Betriebsreglement 2017. Das Fazit des Berichts ist wenig überraschend: Eine Vorverlegung würde Wirtschaftlichkeit und Hubfunktion des Flughafens Zürich empfindlich schwächen. Was störend ist: Echte Alternativen, um das Verspätungsproblem zu lösen, sind keine genannt. Die Behördenorganisation Region Ost verlangt vom Flughafen Zürich keine generelle Vorverschiebung der Starts in der letzten Viertelstunde, aber wirksame Massnahmen, damit die Nachtruhe eingehalten wird.
Die Behördenorganisation Region Ost will einen leistungsstarken Flughafen, aber auch weniger verspätete Flüge nach 23 Uhr und die Einhaltung der siebenstündigen Nachtruhe. Ein Widerspruch? Liest man den Bericht über die Auswirkungen der Vorverlegung der letzten Start-Slots, welche das BAZL vom Flughafen Zürich verlangt hat, müsste man diese Frage bejahen.
Alle Starts vorzuverschieben, die bisher nach 22.30 Uhr geplant waren, sei aufgrund der Kapazität am Flughafen Zürich und aufgrund der komplexen internationalen Flugverbindungen mit negativen Folgen für die Hubfunktion und die Wirtschaftlichkeit des Flughafens Zürich wie auch der Schweiz verbunden, heisst es im Bericht. Die Region Ost ist überzeugt: Würde für die Lösung des Verspätungsproblems ein weniger radikaler Ansatz verfolgt als die Vorverschiebung aller Flüge, könnten Massnahmen gefunden werden, welche tragbar sind. «Auffallend ist, dass es im Bericht keinen einzigen neuen Ansatz gibt, wie das Verspätungsproblem gelöst werden könnte», kritisiert Barbara Günthard-Maier, Präsidentin der Region Ost.
Aus Sicht der Region Ost sind zudem die Grundlagen des Berichts zur Slot-Vorverlegung zu hinterfragen. Denn untersucht wird ein Tag mit hohem Verkehrsaufkommen. Die Auswahl eines Spitzentags zeigt die Nachteile einer Slot-Vorverlegung drastischer auf als die Auswahl eines Standardtags, an welchem mehr freie Slots für Vorverschiebungen zur Verfügung stünden.
Mit der Vorverschiebung von Starts will das BAZL erreichen, dass weniger Verspätungen bereits im Flugplan angelegt sind. Es sollte deshalb überprüft werden, wie realistisch es ist, dass fünf Flüge, die gleichzeitig um 22.40 Uhr eingeplant sind, pünktlich starten (effektives Beispiel vom 13.9.2019: Destinationen Sao Paulo, Stuttgart, Hong Kong, Tel Aviv, Johannesburg). Sind Verspätungen bei dieser Planung nicht vorprogrammiert und könnten durch einzelne Verschiebungen reduziert werden?
Nimmt das BAZL seinen Auftrag ernst, über der Nachtruhe zu wachen, dürfte es auch zusätzliche Slots am Morgen ab 5.45 Uhr nicht bewilligen – so geschehen für den Sommerflugplan 2019. Die zusätzlichen Slots wurden übrigens in erster Linie für Feriendestinationen genutzt. «Es ist für die Region Ost nicht nachvollziehbar, warum das BAZL nicht konsequent für die Einhaltung der Nachtruhe sorgt», so Barbara Günthard-Maier.
Vom Flughafen Zürich erwartet die Behördenorganisation Region Ost, freiwillig darauf zu verzichten, zusätzliche Slots ab 21 Uhr einzuplanen, bis das Verspätungsproblem gelöst ist, und weitere Massnahmen zu treffen, damit regelmässig verspätete Flüge nicht mehr zur Tagesordnung gehören – auch wenn auf einzelne Flugverbindungen am späten Abend oder frühen Morgen verzichtet werden müsste. «Nur wenn sich Belastung und Nutzen die Waage halten, wird die Bevölkerung langfristig hinter dem Flughafen Zürich stehen», ist Barbara Günthard-Maier überzeugt.
Verstricktes Verfahren erschwert die Arbeit der Behörden Die vom BAZL verordnete «Prüfung einer Vorverlegung der Slots am Abend» ist Teil eines zusammengelegten Verfahrens, zu welchem auch das ergänzte «Gesuch um Genehmigung des Betriebsreglements 2017» und die «Neue Festlegung der zulässigen Fluglärmimmissionen in der Nacht» gehören. Das stufenweise Vorgehen und Zusammenlegen von Verfahren erschweren es, sich zur komplexen Materie fristgerecht und mit vertieftem Wissen zu äussern. Es ist nicht nachzuvollziehen, warum nicht bereits für die erste öffentliche Auflage des Betriebsreglements 2017 die gesamten Belastungen Tag und Nacht ausgewiesen wurden.
Ein Jahr später werden diese nun nachgereicht. In der ersten und zweiten Nachtstunde ergeben sich mit dem Betriebsreglement 2017 deutliche Mehrbelastungen gegenüber dem vom Bundesgericht genehmigten Lärm. Weil die Mitgliedergemeinden der Region Ost durch die neuen Flugrouten des Betriebsreglements 2017 insgesamt aber eher entlastet als mehrbelastet werden, verzichtet die Region Ost auf eine Einsprache, wie bereits bei der ersten Auflage des Betriebsreglements 2017 im Oktober 2018. Die Region Ost stützt sich zudem auf die Schlussfolgerung im aktuellen Umweltverträglichkeitsbericht zum geplanten Flugregime. Dieser hält fest, dass die neuen Belastungen durch das Betriebsreglement 2017 innerhalb der Lärmkurven des SILObjektblatts liegen und keine Überschreitung der raumplanerischen Vorgaben auftritt. Die Planung der Gemeinden dürfte also aufgrund des Betriebsreglements 2017 nicht eingeschränkt sein.
Region Ost
Die Behördenorganisation Region Ost ist ein Zusammenschluss der Exekutiven von 122 Gemeinden im Osten des Flughafens Zürich (Kantone Zürich, Thurgau, St.Gallen, Appenzell AR). Sie setzt sich für eine faire Fluglärmverteilung, gegen Pistenverlängerungen und für die Einhaltung der Nachtruhe ein. Die Region Ost umfasst rund 723'000 Einwohnerinnen und Einwohner. Präsidentin der Region Ost ist Barbara Günthard-Maier, Vorsteherin des Departements Sicherheit und Umwelt der Stadt Winterthur.
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