Inhaltliche Medienqualität sinkt, doch das Publikum bleibt zufrieden
Besonders die regionalen Nachrichtenangebote überzeugen
(Zürich)(PPS) Mediennutzerinnen und -nutzer nehmen eine verbesserte Medienqualität wahr, doch die inhaltliche Berichterstattungsqualität zeigt einen leichten, jedoch flächendeckenden Rückgang. Das Medienqualitätsranking 2024 stellt gegensätzliche Entwicklungen in der Medienlandschaft fest und identifiziert regionale Medienangebote als Gewinner der letzten zwei Jahre.
Viele Medienmarken und Sendungen haben aus Sicht des Publikums an Qualität gewonnen, wie die repräsentative Bevölkerungsbefragung im Rahmen des Medienqualitätsrankings 2024 (MQR-24) zeigt. Besonders gut schneiden dabei regionale und französischsprachige Medien ab.
Das Echo der Zeit belegt zum fünften Mal in Folge den ersten Platz im Gesamtranking. Auch die Neue Zürcher Zeitung, die WOZ, die NZZ am Sonntag und SRG-Angebote, wie die Tagesschau und Le Journal, bleiben Leuchttürme in der Schweizer Medienlandschaft.
Im Medienqualitätsrating gibt es mit Heidi.news und dem Republik-Magazin zwei bemerkenswerte Neuzugänge: Die beiden Online-Medien setzen auf Hintergrundartikel mit hoher Eigenrecherche und erreichen im Segment der Tages- und Onlinezeitungen auf Anhieb die Plätze zwei und drei.
Auch die französischsprachige Online-Ausgabe des Blick wurde im Rating erstmals berücksichtigt und setzt in der Gruppe der Populärmedien sofort neue Massstäbe. Sie erreicht den höchsten jemals in dieser Vergleichsgruppe gemessenen Gesamtscore. Besonders auffällig ist die hohe Qualität der Berichterstattung, die auch vom Publikum entsprechend bewertet wird. Im Gegensatz dazu schneidet die deutschsprachige Ausgabe des Blick am schlechtesten ab.
Gemessene Berichterstattungsqualität sinkt, insbesondere in der Westschweiz
Die vom Forschungszentrum Öffentlichkeit und Gesellschaft der Universität Zürich (fög) gemessene Berichterstattungsqualität verzeichnet einen leichten, aber flächendeckenden Rückgang. Diese Entwicklung steht im Widerspruch zur vom Publikum wahrgenommenen Qualitätsverbesserung, die durch die Universität Fribourg und die Hochschule Luzern erhoben wurde. Von den 42 untersuchten Medienmarken und Sendungen haben 22 an Qualität eingebüsst, während 16 ihre Qualität entweder halten oder verbessern konnten. Vier Medienangebote wurden neu in das Rating aufgenommen.
Das St. Galler Tagblatt konnte gegenüber 2022 den grössten Sprung nach vorne machen und erhält dadurch die Auszeichnung «Aufsteiger des Jahres». Das Tagblatt steht stellvertretend für einen Trend: Bei den klassischen Tageszeitungen und deren Onlinependants gewinnen insbesondere regional verankerte Medienmarken wie Le Nouvelliste, Basler Zeitung, Luzerner Zeitung oder die Südostschweiz. Zusätzlich bringen die Online-Angebote Heidi.news aus Genf und Republik aus Zürich frischen Wind in die Medienlandschaft.
Bei den Sonntagszeitungen und Magazinen sind keine grossen Veränderungen zu verzeichnen. Dennoch zeigt sich insgesamt ein Negativtrend: Alle Titel haben im Vergleich zum Jahr 2022 an Qualitätspunkten eingebüsst.
Impact-Score zur Messung der gesellschaftlichen Wirkung
Das MQR-24 erfasst nicht nur die Medienqualität, sondern auch die gesellschaftliche Wirkung der untersuchten Medienmarken und Sendungen. Qualitätsmedien tragen nur dann zur demokratischen Meinungs- und Willensbildung bei, wenn sie auch genutzt und verstanden werden. Daher ermittelt das Medienqualitätsrating den sogenannten Impact-Score, der den Einfluss von 42 deutsch- und französischsprachigen Medienmarken und Sendungen auf die Meinungs- und Willensbildung misst. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Berichterstattung über Politik und Wirtschaft. Der Impact-Score setzt sich zu gleichen Teilen aus der Reichweite und Nutzungshäufigkeit sowie dem Informations- und Verständnisgewinn zusammen. Die SRF-Tagesschau und Le Journal auf RTS erzielen die höchsten Impact-Scores, da sie sowohl eine hohe Reichweite aufweisen als auch vom Publikum als besonders informativ und verständlich wahrgenommen werden.
Einschätzung durch den Verein MQR
Den Widerspruch zwischen der vom Publikum wahrgenommenen Verbesserung der Medienqualität und der gemessenen sinkenden Berichterstattungsqualität können wir nicht vollständig auflösen. Es lässt sich jedoch vermuten, dass die regionale Berichterstattung – der «Hidden Champion» der diesjährigen Umfrage – eine Rolle spielt. Möglicherweise schätzen die Rezipienten regionale Inhalte höher, als dies in der gemessenen Berichterstattungsqualität zum Ausdruck kommt. Diese Entwicklung könnte Ausdruck von Loyalität gegenüber den regionalen Angeboten sein, die im Zuge der jüngsten Restrukturierungen und Sparplänen der Medienhäuser besonders gefährdet erscheinen. Eine weitere Erklärung könnte sein, dass viele Medienmarken und Sendungen unzufriedene Leser, Zuhörer und Zuschauer verloren haben und ein treueres, loyaleres Publikum zurückgeblieben ist.
Verbesserte Darstellung
In der aktuellen Ausgabe des MQR wurde die Darstellung bisher getrennten Betrachtung von Print- und Onlinetiteln aufgehoben, da viele Redaktionen inzwischen zusammengelegt wurden. Diese Änderung trägt der Realität in der Medienlandschaft Rechnung, in der Print- und Onlineinhalte zunehmend integriert werden. An der Methodik des MQR hat sich jedoch nichts verändert, so dass weiterhin Vergleiche über die Zeit möglich sind. Neu ist, dass alle Studienergebnisse online unter www.medienqualitaet-schweiz.ch abgerufen werden können. Die Nutzer haben dort die Möglichkeit, die Daten nach verschiedenen Kriterien zu sortieren und individuell zusammenzustellen, was die Nutzung der Ergebnisse erheblich erleichtert und flexibler gestaltet.
furrerhugi. ag
Schauplatzgasse 39
3011 Bern
Caroline Thoma, Präsidentin Verein Medienqualitaet, caroline.thoma @ ctc-consulting.ch oder info @ medienqualitaet-schweiz.ch
(Anfragen generell / Fragen zum Verein Medienqualität MQS)
Philipp Bachmann, philipp.bachmann.01 @ hslu.ch
(Fragen zur Umfrage Qualitätswahrnehmung und zum Impact-Score)
Daniel Vogler, d.vogler @ ikmz.uzh.ch
(Fragen zur Inhaltsanalyse)
Diana Ingenhoff, diana.ingenhoff @ unifr.ch
(Fragen zur Methodik)