Giftköder ausgelegt - eine Straftat?
(Winterthur)(PPS) Ein 11jähriger Mischlingshund starb in Speicher AR überraschend, wie in den Medien zu lesen war. Der Tierarzt diagnostizierte innere Blutungen und konnte dem Tier aufgrund des schlechten gesundheitlichen Zustandes nicht mehr helfen. Eine Untersuchung im Zentrum für Labormedizin stellte in der Folge Rückstände von Mäuse- und Rattengift fest. Es wird vermutet, dass der Hund absichtlich vergiftet worden ist.
Immer wieder hört und liest man von mit Ködern vergifteten Tieren. Eine Statistik existiert jedoch nicht. Einzig das toxikologische Zentrum in Zürich spricht von jährlich gegen Tausend Anfragen wegen Vergiftung von Hunden, die im Haushalt Trauben, Zimmerpflanzen oder Schokolade gefressen haben. Verdachtsfälle wegen absichtlicher Vergiftung hingegen werden gemäss Medienberichte beim Tox-Zentrum mit höchstens 5 pro Jahr bezeichnet.
Das Tierschutzgesetz zählt die Tatbestände der Tierquälerei abschliessend auf. Auf der folgenden Seite erhalten Sie Einblick in die Gerichtspraxis eines aktuellen Falles, welcher Anfang Juli vor dem Bezirksgericht Dielsdorf verhandelt wurde: Eine bedingte Freiheitsstrafe von 11 Monaten sowie eine Busse von 4‘000 Franken und Gerichtsgebühren von über 11‘000 Franken wurden dem Täter auferlegt.
Gesetze und Verordnungen
Zweck des Tierschutzgesetzes ist, wie in Artikel 1 ausgeführt, die Würde und das Wohlergehen des Tieres zu schützen. Vom Tierschutzgesetz werden nicht nur minimale Haltungsvorschriften für das Wohlergehen der Tiere festgelegt sondern es wird auch geregelt, wann eine Tierquälerei vorliegt. Die Tatbestände der Tierquälerei werden abschliessend aufgezählt. Dazu gehört: Wer ein Tier auf qualvolle Art oder aus Mutwillen tötet, begeht eine Tierquälerei. Diese wird bei Vorsatz mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft. Fahrlässigkeit wird mit einer Geldstrafe bis 180 Tagessätzen bestraft.
Tierquälerei: Tiere auf qualvolle Art oder mutwillig töten
Eine Tötung ist dann qualvoll, wenn ein Tier dabei Schmerzen, Leiden, Schäden oder Ängste von einer bestimmten Intensität erleidet. Als mutwillig wird ein Handeln bezeichnet, das rücksichtslos, übermütig, boshaft, leichtfertig, aus Trotz oder aus einer Laune heraus erfolgt. Tierquälereien sind Offizialdelikte und müssen von der zuständigen Strafbehörde von Amtes wegen untersucht werden.
Wenn also jemand Ratten-Giftkörner streut, in der Absicht einen „lästigen“ Nachbarshund zu vergiften, und in der Folge ein Hund die Giftkörner frisst und daran verstirbt, dann ist der Tatbestand der vorsätzlichen Tierquälerei erfüllt und muss geahndet werden.
Tierwürde
Der Begriff Würde des Tieres wurde im Jahre 2008 in das Tierschutzgesetz aufgenommen und erweitert umschrieben. Die Würde des Tieres wird missachtet, wenn eine Belastung des Tieres nicht durch überwiegende Interessen gerechtfertigt werden kann. Tiere sollen nicht nur gegen Schmerz und Leid vor Menschen geschützt sein, sondern auch vor Erniedrigung und Instrumentalisierung.
Gerichtspraxis
Ein aktuelles Urteil aus der Zürcher Gerichtspraxis zeigt, wie das Einsetzen einer Ködertaube zum Töten eines Raubvogels beurteilt und bestraft wird. Dabei werden unter anderem das mutwillige Töten des Raubvogels, aber auch die Überanstrengung der Taube und die Missachtung der Tierwürde behandelt.
Der Beschuldigte präparierte eine Taube mit einem toxischen Giftstoff. Er liess die Taube als Ködertaube und in ihrer Würde missachtend fliegen und verunmöglichte ihr in den Schlag zu ihren Artgenossen zurückzukehren, was die Taube offensichtlich in Angst versetzte und überanstrengte. Ein Habicht hat die Taube geschlagen, ging mit ihr zu Boden und rupfte sie. Das Gift führte zu einem qualvollen Tod des geschützten Raubvogels. Der Beschuldigte wurde der mehrfachen Tierquälerei und aufgrund der schlechten Haltung der Tauben auch der übrigen Widerhandlungen gegen das Tierschutzgesetz für schuldig erklärt. Er wurde zu einer Freiheitsstrafe von 11 Monaten, wovon 42 Tage Haft angerechnet wurden sowie mit einer Busse von CHF 4'000 bestraft. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wurde bedingt aufgeschoben und die Probezeit auf 2 Jahre angesetzt. Die Kosten der Untersuchung sowie des gerichtlichen Verfahren in der Höhe von über CHF 11'000 wurden dem Beschuldigten auferlegt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
In Vergiftungsfällen sind neben der Tierquälerei meist noch zahlreiche andere gesetzliche Bestimmungen verletzt, wie dieser Fall zeigt. So wurden vorliegend auch Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel sowie des Bundesgesetzes über den Umweltschutz und des Chemikaliengesetzes verletzt.
Wichtig und zu beachten ist, dass jeder Sachverhalt nur aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls beurteilt werden kann.
Die Organisation Active for Animals (active-for-animals.ch) informiert Tierhalter, Tiervereine und Tierfreunde praxisnah über Rechte und Pflichten im Umgang mit Tieren. Ziel ist es, durch mehr Wissen der Tierhalter einen Beitrag zu leisten zu einem harmonischen Miteinander zwischen Tierhaltern, ihren Tieren und Nichttierhaltern. Active for Animals unterstützt den Verein Sternschnuppe für Mensch und Tier (www.sternschnuppe-mensch-und-tier.ch). Dieser setzt sich aktiv für die Verbesserung der Lebensumstände von benachteiligten und verletzten Tieren ein.
Tatjana Bont, Rechtsanwältin
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