Ergebnisse nicht haltbar: Forscher überprüfen Studien zur Wirkung von Süßstoffen auf Darmmikrobiota
(Wien/Bern)(PPS) Das Darmmikrobiom und seine Rolle für die Gesundheit oder bei der Entstehung verschiedener Krankheiten, beschäftigt und interessiert Wissenschaftler seit einigen Jahren zunehmend. Dabei wurde auch die Wirkung von Süßstoffen (LNCS: Low or No Calorie Sweetener) auf die Darmmikrobiota diskutiert und untersucht, so beispielsweise in 17 relevanten Primärstudien der letzten Jahre, die nun von Forschern auf ihre Belastbarkeit überprüft wurden. Die kanadischen Forscher Alexandra R. Lobach, Ashley Roberts und der britische Forscher Ian R. Rowland können zwar bestätigen, dass sich die Ernährungsweise unmittelbar auf die Darmmikrobiota auswirkt. Die negative Wirkung von Süßstoffen auf den Darm können diese Studien, nach Beurteilung der Forscher, jedoch nicht belegen. Warum die Ergebnisse nicht haltbar sind und worin die Mängel und Fehler der 17 untersuchten Studien liegen, haben sie in ihrer wissenschaftlichen Arbeit in der Fachzeitschrift „Food and Chemical Toxicology“ im Dezember 2018 umfassend dargelegt (1).
Ergebnisse an Mäusen nicht auf den Menschen übertragbar
Ein gravierender Fehler ergibt sich für die Forscher bei 14 der 17 geprüften Studien daraus, dass sie die Wirkung von LNCS auf das Darmmikrobiom ausschließlich an Nagetieren untersuchten. Da sich deren Darmbakterien aber weitgehend von denen des Menschen unterscheiden und darüber hinaus die Süßstoff-Dosen, die die Tiere erhielten, weit über der für den Menschen akzeptablen Tagesdosis (ADI) lagen, seien die Ergebnisse der Studien nicht uneingeschränkt auf den Menschen übertragbar. Realistische Schlussfolgerungen auf das Darmmikrobiom des Menschen seien auf dieser Basis nicht möglich. Ebenso fehlten geeignete Kontrollgruppen und die Erfassung der gewohnheitsmäßigen Nahrungsaufnahme der Versuchsteilnehmer in den Humanstudien, worin die Forscher weitere Mängel der Studien aufzeigen konnten. Veränderungen im Darmmikrobiom könnten damit nicht eindeutig auf den Süßstoffkonsum zurückzuführen sein.
Süßstoffwirkung auf das Darmmikrobiom nicht belegbar
Ein weiteres ausschlaggebendes Argument, das die Forscher anführen, um zu verdeutlichen, warum die untersuchten Studien zu falschen Ergebnissen gekommen sind, ist der Süßstoff-Stoffwechsel. Einige Süßstoffe werden bereits vor dem Eintritt in den Darm aufgespalten oder gelangen gar nicht erst in den Darm. Aspartam beispielsweise wird als Methylester eines Dipeptids zu zwei Aminosäuren und Methanol hydrolysiert, die im Dünndarm absorbiert werden. Eine direkte Interaktion mit dem Mikrobiom findet nicht statt. Andere Süßstoffe, wie Sucralose verlassen den Darm unverändert, sodass es auch hier zu keiner Wechselwirkung mit dem Mikrobiom kommt. Auch Saccharin und Acesulfam K werden im Dünndarm nicht metabolisiert, sondern unverändert über die Nieren ausgeschieden. Sie kommen nicht in Kontakt mit dem Colon-Mikrobiom und können somit keine Wechselwirkung erzielen. Einen direkten Kontakt mit dem Mikrobiom gibt es bei Stevioglykosiden, einschließlich Steviosid und Rebaudiosid A. Sie gelangen in intakter Form in den Dickdarm. Hier nutzt das Mikrobiom den an das Steviol-Gerüst gebundenen Zuckeranteil zur Energiegewinnung. Da die tägliche Einnahme von Steviolglykosiden jedoch sehr gering ist, sehen die Forscher auch hier keinen signifikanten Einfluss auf das Mikrobiom. Das übrige Steviol-Gerüst wird intakt aus dem Dickdarm absorbiert. Obwohl das Darmmikrobiom aktiv auf Steviolglykoside wirkt, konnten neuere Forschungen zeigen (2), dass Steviolglykoside umgekehrt jedoch aufgrund der geringen Tagesdosen (ADI) das Darmmikrobiom nicht beeinflussten.
Die nachteilige Wirkung von Süßstoffen auf das Darmmikrobiom und damit eine Begünstigung von Erkrankungen könne – so das Ergebnis des Forscherteams – durch die vorliegenden Studien nicht bewiesen werden. Die Wissenschaftler betonen zudem, dass ihre Ergebnisse mit den Kenntnissen der internationalen Aufsichtsbehörden für Lebensmittelsicherheit und Gesundheit einhergehen, die Süßstoffe seit Jahrzehnten prüfen und in den empfohlenen Tagesdosen als sicheres Lebensmittel bestätigen.
Quellen:
- Lobach AR, Roberts A, Rowland IR. Assessing the in vivo data on low/no-calorie sweeteners and the gut microbiota. Food Chem Toxicol. 2019;124(December 2018):385-399. doi:10.1016/j.fct.2018.12.005
- J. Kelly, K.Daly, A.W. Moran, S.Ryan, D. Bravo, S.P,Shirazi-Beechey. Composition and diversity of mucosa-associated microbiota along the entire length oft he pig gastrointestinal tract, diatary influences. Environ.Microbiol., 19 (2017), pp. 1425-1438
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