Ein halber Gotthard-Basistunnel für ein zukunftsfähiges digitales Schweizer Spitalwesen
Neue PwC-Studie «Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2022»
- Schweizer Spitäler brauchen 6,4 Mrd. CHF für die digitale Transformation.
- Die meisten Spitäler schreiben 2022 Verluste.
- In der Akutsomatik fällt die EBITDAR-Marge um 1,2 Prozentpunkte auf 6,0 %.
- Ohne Tarifanpassung droht bei anhaltend hoher Inflation eine Unterdeckung von 11,2 Mrd. CHF.
- Der Regulator muss die Kosten- durch eine Qualitäts- und Patientenbrille ergänzen.
(Zürich)(PPS) Die neuste Studie «Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2022» von PwC Schweiz bringt einen der grössten Zielkonflikte des Schweizer Gesundheitswesens zum Ausdruck: Leistung, Qualität und Wirtschaftlichkeit sind kaum noch miteinander vereinbar. Um diesen Dreiklang aufrechtzuerhalten, kommen die Gesundheitsakteure um die digitale Transformation nicht mehr herum. Diese ermöglicht es, die Effizienz zu erhöhen, den administrativen Aufwand – sprich Kosten – zu reduzieren und gleichzeitig Patientenbedürfnisse individualisiert zu erfüllen, neuartige Behandlungsformen zu fördern und qualitativ hochwertige Daten für die Forschung bereitzustellen. Um den Leistungserbringern diese Herkulesaufgabe zu erleichtern, finden sich in der Studie Fakten zum finanziellen Status quo (Teil 1) sowie Handlungsempfehlungen für die Planung und Umsetzung der digitalen Transformation, kombiniert mit den Erfahrungen von namhaften Branchenpersönlichkeiten, die grosse Digitalisierungsvorhaben implementiert haben (Teil 2).
6 Milliarden CHF Investitionen in digitale Transformation notwendig
Nach Schätzung der Autorenschaft muss das Schweizer Gesundheitswesen einmalig bis zu 20 % des gesamten Jahresumsatzes der Schweizer Spitäler in die digitale Transformation investieren, um einen signifikanten Nutzen zu schaffen. Gemäss einer Modellrechnung beliefen sich die erforderlichen Investitionsausgaben damit auf rund 6,4 Mrd. CHF. Zum Vergleich: Für den Bau der zwei Röhren des Gotthard-Basistunnels wurden 12,2 Mrd. CHF investiert. Umgerechnet aufs Jahr werden die Schweizer Spitäler mit jährlich wiederkehrenden Kosten von rund 1,6 Mrd. CHF nur für die digitale Transformation rechnen müssen. Um dies zu finanzieren, kann eine EBITDAR-Marge von bis zu 15% notwendig werden – klar höher als der bisherige Zielwert von PwC in der Höhe von 10%. Diese Grössenordnungen zeigen die nationale Tragweite der Thematik auf. Das heisst mehr finanzielle Leistungsfähigkeit mit grösseren Investitionen und weniger Personal.
Immer mehr Spitäler in finanzieller Schieflage
Dass es um die Finanzen der Schweizer Spitäler nicht zum Besten steht, geht aus dem ersten Studienteil hervor. Der anhaltende Fachkräftemangel mit erhöhten Lohnforderungen sowie die Inflation mit steigenden Zinsen und Materialkosten wirken sich negativ auf die Erfolgsrechnungen der Schweizer Leistungserbringer aus. Zwar wuchs der Umsatz der Akutsomatik moderat um 2,7 %. Doch die operativen Margen sind eingebrochen. Das Resultat: Eine Mehrheit der Spitäler schreibt Verluste. Werden die Tarife nicht bald angepasst,bleiben breit angelegte Ergebnisoptimierungen aus und erfolgen Investitionen in digitale Schlüsselprojekte nicht, so erodiert die Profitabilität der Spitäler weiter.
Die Psychiatrien erzielten mit 4,4 % erneut ein Rekordumsatzwachstum und erhöhten ihre EBITDAR-Marge auf 7,5 %. Das verdanken sie einem effektiven Kostenmanagement. Auch bei den Rehabilitationsspitälern lag die EBITDAR-Marge mit 7,1 % um 0,5 Prozentpunkte über dem Vorjahreswert. Doch auch in Rehabilitation und Psychiatrie heisst es dranbleiben – Fachkräftemangel und Kostensteigerungen werden auch hier 2023 ihr Übriges tun.
Tarife hinken den Kosten hinterher
Die steigende Teuerung macht sich 2022 erst bedingt in den Kosten der Spitäler bemerkbar. Das liegt insbesondere daran, dass viele Lohnerhöhungen einerseits erst ab 2023 zu Buche schlagen. Andererseits verfügen zahlreiche Spitäler über langfristige Energielieferverträge. «2023 wird der Kostenanstieg zu schlechteren Ergebnissen führen und selbst wirtschaftlich erfolgreiche Spitäler in Schwierigkeiten bringen.», meint Patrick Schwendener, Leiter Deals Gesundheitswesen bei PwC Schweiz. Die Fallkosten und deren Benchmarks dienen als Grundlage für die Preisdiskussion zwischen Spitälern und Leistungsträgern. Da gerade die Tarife der obligatorischen Krankenversicherung (OKP) längere Laufzeiten aufweisen und Kostensteigerungen erst über die Jahre in den Fallgewichten sichtbar werden, lassen sich Preisanpassungen nur durch ausserordentliche Kündigungen und Antizipation der Effekte umsetzen. Durch die Fallkostenentwicklung basieren die ausgehandelten Tarife erst in zwei bis fünf Jahren auf den aktuellen Kosten. Sollte die Inflation langfristig auf 2,5 % verharren und eine Tarifanpassung ausbleiben, so entstünde eine kumulierte Unterdeckung von 11,2 Mrd. CHF.
Regulierung soll Systemfunktionalität sicherstellen
Das Schweizer Gesundheitswesen wurde in den letzten Jahren erheblich überreguliert und wesentliche Vorhaben wie die „Einheitliche Finanzierung von Ambulant vor Stationär“ lange blockiert. Die Regulierung betreibt zurzeit mehrheitlich Symptombekämpfung und stellt die Kosten in den Mittelpunkt. Das fördert Fehlanreize zulasten von Versorgungssicherheit und -qualität. Denn durch zu viel Fokus auf die Senkung der Kosten fehlen den Leistungserbringern die Mittel für Investitionen in digitale Technologien für schlankere Prozesse und eine Flexibilisierung des Personals. Der Gesetzgeber muss den Blick fürs Ganze behalten und die Funktionalität des Systems sicherstellen. Dazu Philip Sommer, Leiter Beratung Gesundheitswesen bei PwC Schweiz: «Die gesetzgebenden Instanzen sollten sich stärker auf den Nutzen für Patient:innen und die Gesellschaft konzentrieren und nicht „nur“ auf die Kosten.»
Über die Studie
Die Studie «Schweizer Spitäler: So gesund waren die Finanzen 2022» von PwC Schweiz entstand im September 2023 auf der Basis der publizierten Jahresrechnungen von 45 Akutspitälern und 12 Psychiatrien. Für einen vertieften Einblick in die Praxis enthält die Studie diverse Exkurse zu Schwerpunktthemen und drei Interviews mit Branchenvertretenden zur Best Practice.
Download
Die gesamte Studie kann als PDF heruntergeladen werden: www.pwc.ch/spitalstudie
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