3. Mai 2014: internationaler Tag der Pressefreiheit - Pressefreiheit in der Schweiz von Staat und Wirtschaft bedroht - MM impressum
(Freiburg) impressum, die grösste Schweizer JournalistInnenorganisation, blickt am 11. internationalen Tag der Pressefreiheit besorgt auf die Entwicklung in der Schweiz. Die Pressefreiheit ist ein Fundament der schweizerischen direkten Demokratie. Trotzdem verletzen Behörden die Pressefreiheit. Aber sogar Medienunternehmen selbst greifen immer öfter in die Redaktionsfreiheit ein – und begründen dies mit ökonomischen Zwängen. Nur mit neuen Finanzquellen können sich Medien davor schützen – z. B. durch Medienförderung.
Im Fall Rocchi wurde der Quellenschutz durch eine Strafuntersuchung der Neuenburger Staatsanwaltschaft ausgehebelt, ohne dass dafür eine jener Voraussetzungen gegeben waren, die in Art. 28a Abs. 2 des Strafgesetzbuchs eine Ausnahme erlauben. Und mit der Hausdurchsuchung hat die Behörde gleich das härteste in Frage stehende Mittel gewählt. Neben dem harten Schlag gegen einen Journalisten und die Medienfreiheit empört die Leichtigkeit, mit welcher der Generalstaatsanwalt Aubert findet: „(...) Wenn Sie Ihr Amtsgeheimnis zugunsten eines Journalisten verletzen, kann Ihnen das Probleme bringen (...)“, vorausgesetzt, dass „(...) eine Strafklage ein Minimum an Glaubwürdigkeit (...)“ habe. Damit stellt der Staatsvertreter ganz offen den Sinn des Redaktionsgeheimnisses in Frage, das in der Bundesverfassung garantiert ist (Auszug aus Interview, TSR, 18.8.2013, freie Übersetzung aus dem Französischen).
Zur staatlichen Bedrohung kommt die wirtschaftliche Bedrohung der Medienfreiheit. Immer häufiger bezeugen Journalistinnen und Journalisten, dass es ihnen nicht möglich ist, gewisse Berichte in Medien zu veröffentlichen, weil damit die wirtschaftlichen Grundlagen des Medienunternehmens gefährdet werden könnten – zum Beispiel durch Verärgerung eines Inseratekunden. Diese Erosion der redaktionellen Unabhängigkeit ist schleichend, subtil und schwer zu beweisen – und darum mindestens so gefährlich wie die staatlichen Eingriffe. Die Universität Freiburg bereitet zusammen mit impressum eine Studie vor, welche mehr Licht in diese Zusammenhänge bringen soll; erste Resultate sollten noch 2014 vorliegen.
Der Grund für diese Entwicklung liegt darin, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der privaten Medienunternehmen rasant verschlechtern, und ein Ende ist nicht abzusehen. Weitere Einschnitte in die redaktionelle Unabhängigkeit können nur verhindert werden, wenn die wirtschaftliche Basis der Medienunternehmen gefestigt wird. Die Medienfreiheit ist ein Bedürfnis von Staat und Gesellschaft – weshalb offen darüber gesprochen werden muss, ob Staat und Gesellschaft diese stärker finanzieren müssten, zum Beispiel durch Presseförderung.
An der Tagung zur Pressefreiheit vom 24. September 2014 in Lausanne, organisiert durch impressum in Partnerschaft mit Reporters Sans Frontières (RSF), Amnesty International (AI), Press Emblem Campaign (PEC), der Europäischen Journalistenföderation (EFJ) sowie der Universität Freiburg wird Bilanz gezogen zur Entwicklung der Pressefreiheit, und diverse sachkundige und prominente Persönlichkeiten werden sich äussern und Vorschläge präsentieren, wie die Negativspirale gestoppt werden kann.
Weitere Informationen:
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